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Mittelalter bis ModerneEin kleines Lexikon der bekanntesten Kirchen der Schweiz

Der Wallfahrtsort Madonna del Sasso ob Orselina am Lago Maggiore. 

Zum Auftakt ein Ort, der sich keinem Baustil eindeutig zuweisen lässt: der Wallfahrtsort Madonna del Sasso ob Orsellina bei Locarno. Der Komplex besteht aus mehreren Kirchen und Kapellen, Klostergebäuden und einem Kreuzgang, erbaut im 16. und 17. sowie im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Man geniesst hier einen grandiosen Panoramablick, der die Anziehungskraft des Ortes noch verstärkt.   

Die Romanik

Das Benediktinerinnenkloster im bündnerischen Müstair.

Die Romanik ist die Epoche vom 9. bis 13. Jahrhundert, d.h. zwischen der Antike und der Gotik. Typische Merkmale romanischer Kirchen sind Rundbogenfenster, wuchtige Mauern und relativ schlicht Grundrisse.

Schon im 8. Jahrhundert wurde das Benediktinerinnenkloster Müstair im bündnerischen Münstertal gegründet. Die Klosterkirche, mit deren Bau 775 begonnen wurde, übertrumpft mit ihren üppigen Fresken jede andere frühmittelalterliche Kirche.

Die Kleinstadt Romainmôtier bei Yverdon VD besitzt eine imposante romanische Abteikirche, um das Jahr 1000 nach dem Vorbild der burgundischen Abtei von Cluny errichtet. Die Säulen markieren den Übergang zur Gotik.

Die Gotik

Die Notre-Dame in Lausanne wurde 1275 eingeweiht.

Als Gotik betitelt man die Ära von Mitte des 12. Jahrhunderts bis um 1500. Gotische Kirchen und Kathedralen, die berühmtesten von ihnen Notre-Dame de Paris und der Kölner Dom, streben in die Höhe. Typisch sind die Spitzbögen in Baukörpern, Portalen und Fenstern.  

Das Berner Münster ist der bekannteste gotische Kirchenbau der Schweiz, doch die schönste gotische Kathedrale, Notre-Dame, steht in der Altstadt von Lausanne. Sie wurde 1275 geweiht; anwesend waren Papst Gregor X. aus dem lombardischen Herrschergeschlecht der Visconti und König Rudolf I. von Habsburg.

Die gotische Kathedrale St. Nikolaus in Freiburg, erbaut von 1283 bis 1490, sticht durch ihren bedeutenden Zyklus von Kirchenfenstern im Jugendstil hervor: Der polnische Maler Jozef Mehoffer schuf sie 1896 bis 1936.

Die Renaissance

Die Hofkirche St. Leodegar wurde auf die Fundamente einer abgebrannten Basilika gebaut.

«Renaissance» (Wiedergeburt) nennt man die, von Florenz ausgehende, Epoche des Übergangs vom Mittelalter in die Neuzeit im 15. und 16. Jahrhundert. Sie knüpft an die Kultur der griechischen und römischen Antike an. In der Schweiz gibt es nur wenige herausragende Renaissance-Bauten, z.B. den Munot in Schaffhausen, das Luzerner Rathaus und, auf dem anderen Reussufer, das Regierungsgebäude sowie das Zürcher Rathaus.

Die Hofkirche St. Leodegar in Luzern, ein Wahrzeichen der Stadt, wurde 1633 bis 1639, das heisst eigentlich am Anfang des Barock, noch im Stil der Spätrenaissance gebaut. Sie steht auf den Fundamenten einer abgebrannten romanischen Basilika.

Der Barock

Die Kathedrale des Bistums St. Gallen. 

Der nächste grosse Entwicklungsschritt, gekennzeichnet durch verschwenderische Prachtentfaltung, ist der Barock (17. und 18. Jahrhundert). Berühmte Barockbauten sind z.B. die Schlösser Versailles bei Paris und Schönbrunn in Wien.

Den nahtlosen Übergang von der Renaissance zum Barock sieht man am schönsten in Luzern: Die Jesuitenkirche als erste grosse Barockkirche der Schweiz wurde nur gut drei Jahrzehnte nach der Hofkirche erbaut, von 1666 bis 1677, präsentiert sich aber in einem komplett anderen Stil: Statt nüchtern und streng ist ihre Fassade prächtig, das Innere mit Stuckaturen, Malereien und einem monumentalen Hochaltar ausufernd dekoriert.

Die Jesuitenkirche in Luzern ist die erste grosse Barockkirche der Schweiz. 

Das Benediktinerkloster Einsiedeln im Kanton Schwyz ist seit mehr als einem Jahrtausend ein wichtiger Pilgerort. Die heutige, mächtige Klosterkirche wurde Anfang des 18. Jahrhunderts erbaut und beherbergt unter anderem die berühmte Schwarze Madonna.

Die Kathedrale des Bistums St. Gallen ist fast hundert Jahre jünger als die Luzerner Jesuitenkirche, aber ein weiteres eindrückliches Monument des Barock. Sie ist in den malerischen Stiftsbezirk eingebettet, wo die prunkvolle Stiftsbibliothek zu den schönsten Büchereien weltweit gehört.

Das Benediktinerkloster in Muri im Aargau wurde von Habsburgern gegründet; viele Mitglieder dieses Herrscherhauses sind in der Klosterkirche bestattet. Diese ist ein wichtiges barockes Bauwerk und unter anderem bekannt für seine fünf Orgeln. Konzerte in der achteckigen Kirche sind ein besonderes Erlebnis.

Der Klassizismus

Die protestantische Kirche von Speicher AR dominiert das Ortsbild.

Die kunstgeschichtliche Epoche zwischen etwa 1770 und 1850 nennt sich «Klassizismus» und stellt nach den Ausschweifungen des Barock eine Rückkehr zu schlichteren, «klassischen» Linien dar, die sich auf Formen des griechischen Tempelbaus und die italienische Frührenaissance bezogen. Berühmte Beispiele sind das Panthéon in Paris, das Brandenburger Tor in Berlin oder das Weisse Haus und das Capitol in Washington.  

Die bekannteste Schweizer Kirche im frühklassizistischen Stil ist die St. Ursen-Kathedrale in Solothurn, Sitz des Bischofs von Basel. Die Kirche wurde 1762 bis 1773 gebaut. Ihr Inneres, besonders der Chorraum, musste neu gestaltet werden, nachdem die Kirche 2011 bei einem Brandanschlag schwer beschädigt worden war.

Die protestantische Kirche von Speicher in Appenzell-Ausserrhoden (1808 bis 1810) bildet zusammen mit dem Pfarrhaus (1831) und dem Schulhaus (1840) ein besonders harmonisches klassizistisches Ensemble. Weil dieses sich auf einer Anhöhe über dem Dorf befindet, erzielt es eine dominierende Wirkung.

Historismus und Jugendstil

Die Kirche St. Peter und Paul in Zürich ist ein Beispiel des neugotischen Kirchenbaus. 

Als Historismus bezeichnet die Kunstgeschichte die Architektur des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die auf Stilrichtungen vergangener Jahrhunderte zurückgriff: Bekannte Beispiele sind der Bahnhof Basel SBB für den Neubarock, der Völkerbundspalast in Genf für den Neoklassizismus, das Bundeshaus und der Zürcher Hauptbahnhof für die Neurenaissance. Kirchen wurden mit Vorliebe im Stil der Neu-Gotik gebaut. Der Jugendstil, etwa zur selben Zeit aktuell, verstand sich als Gegenbewegung zum rückwärtsgewandten Historismus.

1874 fertiggestellt, 1885 geweiht wurde die Kirche St. Peter und Paul in Zürich-Aussersihl. Sie ist nicht nur ein interessantes Beispiel des neugotischen Kirchenbaus; sie war auch, 350 Jahre nach der Reformation, die erste römisch-katholische Kirche, die in Zürich gebaut werden konnte.

Die reformierte Pauluskirche im Muesmatt-Quartier von Bern ist die bedeutendste Jugendstil-Kirche der Schweiz. Mit dem Bau wurde 1902 begonnen. Im Inneren der Kirche ist die Steinplastik «Christus als Kinderfreund» des deutschen Bildhauers Oskar Kiefer besonders interessant.

Moderne

Eine Kirche wie ein kubistischer Felsbrocken, zu finden im Walliser Bergdorf Hérémence.

Als «Moderne» werden alle nicht-historisierenden Baustile seit etwa 1900 bezeichnet. Architekten wie Le Corbusier oder Frank Lloyd Wright haben massgebliche Impulse gegeben, doch die Keimzelle der Avantgarde in Kunst und Architektur war das deutsche Bauhaus 1919 bis 1933. Der moderne Kirchenbau zeichnet sich durch einen völlig von der Tradition entkoppelten Stil und grosse Vielfalt aus. Hier zwei Beispiele.

Der Architekt, Bildhauer, Professor und Schaffhauser SP-Kantonsrat Walter Maria Förderer (1928–2006) entwarf neun Kirchen in einem beinahe archaischen Sichtbeton-Stil. Das eindrücklichste Exemplar, erbaut 1969 bis 1971, steht im Walliser Bergdorf Hérémence und sieht aus wie ein kubistischer Felsbrocken.

Auch der bekannte Tessiner Architekt Mario Botta hat mehrere Sakralbauten realisiert, zum Beispiel San Giovanni Battista (Johannes der Täufer) mitten im uralten Bergdorf Mogno im Maggiatal. Die Kirche, erbaut 1992–1996, hat die Form eines ovalen Turms, oben abgeschrägt, mit rundem Glasdach. Marmor und Gneis schichtete Botta in regelmässigen Lagen und erzielte so den für ihn typischen Hell-Dunkel-Effekt.