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Papablog: Politische Versprechen versus Realität«Kinder, wir schulden euch was!»

Gemäss Studien leiden mehr junge Menschen als vor der Pandemie an Depressionen, Angst- und Essstörungen.

Ich weiss nicht, ob Ihnen seit der Corona-Pandemie auch schon solche Kinder begegnet sind. Kinder, die eigentlich mal einigermassen unbeschwert und fröhlich waren und inzwischen mit ziemlichen Problemen zu kämpfen haben. Plötzliche Traurigkeit und Ängste. Fähigkeiten, die man mal hatte, sind auf einmal verschwunden. Schleifen sind schwierig. Reden sowieso. Und Zeit allein zu verbringen, scheint unmöglich. Die Pandemie sitzt wie ein grauer Albtraum auf ihrer Brust und wartet auf den Moment, in dem sie die Kinder für sich hat. Dabei wollten wir das doch verhindern, oder etwa nicht? Was haben Politiker und Politikerinnen nicht den Mund voll genommen. Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach sagt beispielsweise, dass Kinder von allen Personen während der Pandemie die meisten Opfer hätten erbringen müssen.

Konkrete Massnahmen, bitte

No Shit, Sherlock. Und jetzt? Was machen wir jetzt? Nehmen wir richtig viel Geld in die Hand, um das irgendwie wieder geradezurücken? Verdoppeln wir die Anzahl der psychologischen Fachkräfte im Kinder- und Jugendbereich? Machen wir die soziale und kulturelle Teilhabe für Minderjährige in den nächsten Jahren kostenfrei? Bildungsprogramme, Extraklassenfahrten, Interrail-Tickets, Eltern-Kind-Kuren, Kindergrundsicherung, irgendwas? Sieben von zehn Kindern leiden aufgrund der Pandemieereignisse unter psychischem Stress. Die Folgekosten dafür werden in die Milliarden gehen.

Und was tun wir? Kaum etwas bis gar nichts. Wir stapeln wertlose Toleranz- und Hilfsbekundungen aufeinander, die nichts und niemandem etwas bringen: «Kinder sind unsere Zukunft. Eine Gesellschaft muss sich daran messen lassen, wie sie mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht. Wir dürfen niemanden ausgrenzen und zurücklassen.» Ich will Ihnen hier wirklich nicht die Laune verderben, aber tatsächlich glauben wir an dieses ganze Geschwafel gar nicht, dass wir Erwachsene Tag für Tag absondern. Es sind Sonntagsreden, mit denen wir Verantwortung allenfalls ankündigen, vortäuschen oder andeuten. Im Grunde wissen wir, was Kindern zugemutet wurde und was es jetzt braucht. Aber das verträgt sich nicht damit, dass es jetzt wieder weitergehen soll wie zuvor. Kapitalistischen Erwerbszwängen nachgehen, Hausaufgaben machen, konsumieren und so weiter. Was halt so anfällt.

Handeln statt schweigen

Zur Erinnerung: Spielplätze wurden mit Absperrband unzugänglich gemacht. Kinder und Jugendliche durften öffentliche Fussballplätze und Skateparks nicht mehr betreten. Einschulungen mit Masken im Freien ohne Geschwister und Grosseltern. Kranke und sterbende Angehörige, die nicht besucht werden durften. Ich verstehe, dass die Politik auch nicht wusste, wie sie mit der Pandemie umgehen sollte. Rückblickend zu sagen, dies und das hätte man sich sparen sollen oder müssen, ist so einfach wie billig. Darum geht es mir nicht. Aber eigentlich stünden jetzt umfangreiche Reparaturarbeiten an. Danksagungen. «Hey Kinder, ihr habt uns den Arsch gerettet, wir schulden euch was.» Wir wissen, dass wir Schulden bei unseren Kindern haben. Wir wollen sie nur nicht begleichen. Viel zu anstrengend und viel zu viel. Also zeigen wir uns verbal zerknirscht von wegen «War ja auch krass, und da müsste man jetzt aber mal was machen», und dann machen wir nichts. Kostet schliesslich Zeit und Geld, und von beidem haben wir sowieso nie genug. Aber einen so grossen Teppich, dass wir das alles drunterkehren könnten, gibt es nicht. Und mit unseren kurzbeinigen Lügen können wir den grassierenden Depressionen, den Angst- und Essstörungen von Kindern und Jugendlichen niemals entkommen. Also ist es an der Zeit, sich dem zu stellen und Verantwortung zu übernehmen. Wie wäre es für den Anfang mit:

«Es tut uns unendlich leid, was da passiert ist. Was können wir tun, um es wiedergutzumachen?»