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Rotes Kreuz im Dilemma Ein Schweizer soll das Russische Rote Kreuz beobachten

Das Logo des Roten Kreuzes auf einem Fahrzeug mit einem Einschussloch, aufgenommen in der Ukraine, im Gebiet Donezk.

Vier Tage lang diskutierten die Verantwortlichen im Genfer Vorort Petit-Saconnex. Ende vergangener Woche verkündete die internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRK), dass man die Vorwürfe gegen das Russische Rote Kreuz (RRK) untersuchen werde. Während dieser Untersuchung darf das Russische Rote Kreuz weiterhin Mitglied der Rot-Kreuz-Dachorganisation bleiben. Und das, obwohl die Hilfsorganisation laut Recherchen von Tamedia und einem internationalen Journalistenteam den Krieg gegen die Ukraine unterstützt und sogar bei der militärischen Ausbildung von Kindern hilft.

Unter der Leitung des Schweizers Manuel Bessler soll eine eigene Beobachtungsgruppe in den kommenden vier Monaten die gegen das Russische Rote Kreuz erhobenen Vorwürfe «bewerten, identifizieren, überwachen und korrektive Massnahmen empfehlen». Bessler sitzt auch im Leitungsgremium des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) – dem Rotkreuzrat. 

Der russische Rotkreuz-Chef Pawel Sawtschuk in Genf: Seine Organisation darf in der internationalen Föderation des Roten Kreuzes bleiben, steht aber unter Beobachtung.

In einer Medienmitteilung betonte die IFRK die Grundprinzipien des Roten Kreuzes: «Neutralität, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit». Doch wie sehr das Russische Rote Kreuz gegen diese Grundsätze verstösst, zeigten die sogenannten Kreml Leaks: So unterstützt die Hilfsorganisation die militärische Ausbildung von Kindern und Jugendlichen, und mehrere Vorstandsmitglieder lobten den Angriff auf die Ukraine.

Der Chef des Russischen Roten Kreuzes, Pawel Sawtschuk, war selbst jahrelang Mitglied der Organisation «Allrussische Volksfront». Diese sammelt Spenden für Soldaten an der Front und besitzt die Urheberrechte am Logo «Z», dem Symbol für den russischen Angriff auf die Ukraine.

Sawtschuk war auch in der Schweiz an der Sitzung der IFRK. Am Genfer Hauptsitz der Föderation marschierte er vorbei an den in die Wand eingelassenen IFRK-Prinzipien: Neutralität und Unabhängigkeit. Die Fragen von Journalisten wollte er nicht beantworten.

Weil der Chef des Belarussischen Roten Kreuzes das Kriegssymbol Z auf seiner Kleidung getragen und die Verschleppung ukrainischer Kinder unterstützt hatte, wurde seine Organisation 2023 aus der IFRK ausgeschlossen. Die Russische Schwesterorganisation aber darf bleiben, obwohl die Vorwürfe mindestens genauso schwer wiegen.

Der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmytro Lubinets will seine Kritik in Genf persönlich vorbringen.

«Die Position der IFRK ist zynisch», sagt der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmytro Lubinets. «Sie verschliesst die Augen vor der Tatsache, dass das Russische Rote Kreuz mit sanktionierten Personen und Organisationen zusammenarbeitet, die bei der Entführung ukrainischer Kinder helfen.» 

Lubinets will im Mai nach Genf reisen, um Vertreter der IFRK und des internationalen Komitees des Roten Kreuzes  zu treffen: «Die IFRK tut in Wirklichkeit alles, um den Ruf des Russischen Roten Kreuzes zu schützen», sagt Lubinets. Die Ukraine hat Sawtschuk längst auf ihre Sanktionsliste gesetzt und drängt andere Regierungen dazu, nachzuziehen.

Das Schweizerische Rote Kreuz begrüsst die Einsetzung der Beobachtungsgruppe unter der Leitung ihres Führungsmitglieds Manuel Bessler. Zum laufenden Prozess äussert sich das SRK jedoch nicht und verweist auf die Föderation. Diese antwortet, dass das Russische Rote Kreuz kooperiert und Bereitschaft gezeigt habe, die Vorwürfe untersuchen zu lassen: «Deshalb erscheint dem Leitungsgremium der IFRK eine Beobachtergruppe als geeigneter Mechanismus.»