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Beliebt beim PublikumWegen kuriosem Gesetz streichen Medien Preise für Rätsel – aber SRF macht weiter

Möglicher Gewinn für die Teilnehmenden, garantierte Einnahmen für SRF: «Happy Day»-Moderatoren Röbi Koller und Kiki Maeder.

Im Rechtsbereich gilt in der Schweiz das Gebot der Gleichbehandlung. Das bedeutet, dass Gesetzesartikel auf verschiedene Personen, Unternehmen oder andere Organisationen jeweils gleich angewendet werden müssen.

Doch kann die Umsetzung des gleichen Paragrafen trotzdem zu unterschiedlichen Resultaten bei konkurrierenden Unternehmen führen. Ein interessantes Anschauungsbeispiel dafür ist das Geldspielgesetz von 2019.

Die Verlierer sind in diesem Fall die beiden grössten privaten Schweizer Medienunternehmen und deren Publikum: der Ringier-Verlag, der unter anderem den «Blick» und den «SonntagsBlick» herausgibt, und die TX Group mit ihrer Tochterfirma Tamedia, unter deren Dach unter anderem diese Zeitung, die «SonntagsZeitung» oder die «Schweizer Familie» erscheinen. Andere Verlage sind weniger stark betroffen.

Ringier und Tamedia haben in den Printausgaben der genannten Publikationen die Preisausschreiben eingestellt. Bei diesen konnte das Publikum zum Beispiel nach dem Lösen eines Kreuzworträtsels einen Sachpreis gewinnen. Für viele Leserinnen und Leser waren die Rätsel und die Teilnahme am Gewinnspiel ein wichtiges Argument für den Kauf des Produkts.

Relative Gewinnerin ist hingegen die öffentlich-rechtliche SRG, die unter anderem die Radio- und Fernsehsender von SRF betreibt. Auch sie wird zwar durch das Gesetz eingeschränkt, doch führt sie in ihren Sendungen weiterhin regelmässig Gewinnspiele durch. Sie kann so weiterhin ein Bedürfnis des Publikums befriedigen und Geld einnehmen.

Das vorrangige Ziel des 2019 in Kraft getretenen Geldspielgesetzes ist der Schutz vor Spielsucht. Zuständig für Auslegung und Umsetzung ist die interkantonale Geldspielaufsicht, kurz Gespa. Seit 2023 legt die Behörde einen Fokus auf einen bislang wenig berücksichtigten Paragrafen des Gesetzes.

Dieser schreibt Medienunternehmen vor, dass sie Gewinnspiele nur «kurzzeitig zur Verkaufsförderung» durchführen dürfen, sofern dafür die «Leistung eines geldwerten Einsatzes» nötig werde. Darunter versteht man die Teilnahmemöglichkeit über eine kostenpflichtige Telefonnummer oder per SMS mit Gebühr.

Gleichzeitig muss für jedes Gewinnspiel eine kostenlose Teilnahmemöglichkeit, zum Beispiel online, zur Verfügung stehen. Die Gespa klärt mit jedem Medienunternehmen einzeln, wie dieses sich an den Paragrafen zu halten hat.

Bevor sie die Preisausschreiben einstellten, bezahlten die privaten Verlage über die Erlöse aus den kostenpflichtigen Teilnahmemöglichkeiten nicht nur die Produktion der Gewinnspiele, sondern auch die Organisation der Preise. Zudem nahmen sie pro Jahr mehrere Zehntausend Franken ein, die die Redaktionen finanzierten.

Die Privaten verzichten lieber gleich ganz darauf

Entscheidend am Gesetz ist für die Gespa das Wörtchen «kurzzeitig»: Es wäre für Zeitungen und Zeitschriften «zweifellos unzulässig, in jeder Ausgabe derartige Spiele anzubieten», erklärt die Behörde. «Wenn aber zum Beispiel einmal für ein oder zwei Monate solche Spiele angeboten werden, darf sicherlich noch von Kurzzeitigkeit ausgegangen werden.»

Nach einer Periode mit Gewinnspielen, so die Idee, darf das Medium während mehrerer Monate keine mehr anbieten. Praktikabel ist das nicht.

Die Durchführung von Gewinnspielen und das Bereitstellen der Preise sind mit grossem Aufwand und Kosten verbunden. Die Strukturen dafür für wenige Monate bereitzustellen und danach wieder brachliegen zu lassen, lohnt sich für die privaten Medienhäuser nicht. «Es ist für uns einfacher, die Handhabe bei den Gewinnspielen immer gleich zu gestalten», erklärt ein Ringier-Sprecher.

In Magazinen wie dem «Beobachter», der «Schweizer Illustrierten» oder der «Landliebe» führt Ringier dagegen gewisse Gewinnspiele weiter. Auch auf der «Blick»-Webseite kann das Publikum weiterhin an Gewinnspielen teilnehmen. Allerdings hat Ringier für all die Kanäle die kostenpflichtige Teilnahmeoption eingestellt, weswegen dem Verlag Einnahmen entgehen dürften.

Für gewisse SRF-Sendungen gelten keine Zeitlimiten

Für die SRG scheint sich die zeitlich beschränkte Durchführung von Gewinnspielen dagegen zu lohnen. Ein wichtiger Grund dürfte das deutlich grössere Publikum sein.

Eine Sprecherin schreibt: «Wir haben nach dem Austausch mit der Aufsichtsbehörde die meisten Formate mit Wettbewerb auf 13 Wochen eingeschränkt, die Quiz- und Spiel-Formate ‹1 gegen 100› und ‹Samschtig-Jass› auf sechs Monate.»

Diese sechs Monate sind ein deutlich längerer Zeitraum als die von der Gespa für die Printmedien als zulässige Möglichkeit dargestellten «ein oder zwei Monate».

In Ausnahmefällen wie den Samstagabend-Shows «Happy Day» oder «Wie tickt die Schweiz?» darf die SRG das Kriterium der Kurzzeitigkeit sogar vollständig ausser Acht lassen. Bei diesen Formaten ist laut der SRG-Sprecherin «die Publikumsbindung besonders wichtig».

Gleich wie früher die privaten Verlage finanziert die SRG über die kostenpflichtigen Teilnahmekanäle die Durchführung der Gewinnspiele. «Überschüsse aus den Wettbewerben fliessen ins Gesamtprogramm», schreibt die Sprecherin. Sie macht keine Angaben zur Höhe der Einnahmen.

Es lässt sich festhalten: Eine staatliche Behörde legt ein Gesetz so aus, dass die öffentlich-rechtlichen Sender weniger schlecht davonkommen als deren private Konkurrenten.

Gespa-Direktor Manuel Richard nimmt zu alledem wie folgt Stellung: «Es gibt keine Ungleichbehandlung von Medienhäusern durch die Gespa.» Die Fälle liessen sich nicht eins zu eins vergleichen.

«Allein die Form der Gewinnspiele variiert […] enorm, wenn man sich vergegenwärtigt, dass ein kleines Lokalradio, ein grosser Medienkonzern [...], ein Staatsfernsehen und die Herausgeberin einer wöchentlich erscheinenden Lokalzeitung allesamt unter den Begriff des Medienunternehmens fallen können», schreibt Richard. «[...] Das Gleichbehandlungsgebot bedeutet deshalb auch, Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit gleich und Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu behandeln.»

Die Gespa prüfe jeden Fall einzeln, schreibt Richard. Auf die Frage, warum für die SRG für gewisse Formate anders als für Printzeitungen keine zeitlichen Beschränkungen für Gewinnspiele gelten, geht er nicht konkret ein.