Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Analyse zum Völkermord in Ruanda«Ein irrwitziger Basar» – Macron verstört seine Diplomaten

Er strampelt zurück: Emmanuel Macron.

Nur selten wiegen Worte schwerer, als wenn sie das Unfassbare eines Genozids fassen sollen. Die Ursachen, die Verantwortlichkeiten. Zum Beispiel im Fall von Ruanda und dem Völkermord an den Tutsi: fast eine Million Todesopfer, in wenigen Wochen, 1994. Eine ewige Wunde. Jedes Wort wiegt eine Welt, gerade, wenn es aus dem Westen und im Besonderen aus Frankreich kommt. Paris spielte eine trübe Rolle damals, darin sind sich die meisten Historiker einig. Es stand hinter dem Regime der Täter, der Hutu.

Umso denkwürdiger ist die Geschichte, die sich die französische Präsidentschaft, das Élysée also, in diesen Tagen des Gedenkens geleistet hat. Im Aussenministerium reden sie von einem «irrwitzigen Basar im Élysée», schreibt «Le Monde».

Eine Meldung geht um die Welt

Am vergangenen Donnerstag, drei Tage vor der grossen Gedenkveranstaltung in der ruandischen Hauptstadt Kigali, an der Emmanuel Macron nicht teilnehmen sollte, wurde die internationale Presse in Paris von dessen Beratern mit einigen «éléments de langage» versorgt, also mit Talking points. Es waren eigentliche Zitate, die dann, so hiess es, in einer Videobotschaft am Sonntag vorkommen würden. Ohne Sperrfrist, sofort publizierbar.

Die französische Nachrichtenagentur AFP zitierte die zentralen Passagen mit Anführungs- und Schlusszeichen. Es war eine grosse, historisch relevante Meldung, sie ging schnell um die Welt. Macron sagte demnach, Frankreich und seine westlichen und afrikanischen Alliierten hätten den Genozid stoppen können, man habe aber den Willen dazu nicht gehabt. So weit war noch kein französischer Präsident vor ihm gegangen.

«Völlig inakzeptabel»

Macron wurde fast durchwegs gelobt für ein längst fälliges Eingeständnis, für seine Courage auch. Seit er Präsident ist, versucht er sich in der Versöhnung mit Ländern in Afrika, die Frankreichs oftmals zynischen, geschäftsgetriebenen Gestus erdulden mussten. Mit diesem neuen Schritt war man nun nicht mehr weit entfernt vom Eingeständnis einer französischen Komplizenschaft beim Massentöten der Hutu.

Ob das zu viel war? Für General Jean-Claude Lafourcade, der damals in Ruanda die kontroverse «Opération Turquoise» leitete, ging Macron viel zu weit. «Völlig inakzeptabel» sei das, schrieb er in einem offenen Brief. Stiller, aber nicht weniger vehement sollen sich Diplomaten geäussert haben, die in den 90er-Jahren aktiv waren, an der Seite des damaligen Präsidenten François Mitterrand.

Dann kam der Sonntag – und das Video, viel später als erwartet. Und darin war dann nichts mehr zu spüren von der Courage des Präsidenten. Macron sagt in der Aufnahme in fast trotzigem Tonfall, er habe nichts beizufügen oder wegzunehmen von dem, was er schon gesagt habe in einer Rede in Kigali 2021. Damals hatte er von «niederschmetternder Verantwortlichkeit» Frankreichs gesprochen. Aber eben nicht von fehlendem Willen, den Genozid zu stoppen. «Der Wille ist verweht», titelte «Libération», mit gewolltem Doppelsinn.

Hat Macron schon wieder zu viel geredet?

Haben sie das Video neu aufgenommen nach der Kritik? Hat Macron schon wieder zu viel geredet, ohne sich gebührend abzusprechen? Rudert er politisch zurück?

Das Élysée versucht nun, den Vorfall als «couac» abzutun, als interne Kommunikationspanne. Doch das ist nicht sehr plausibel, gerade in einer solchen sensiblen Angelegenheit, in der jedes Wort gedreht und gewogen wird. In Afrika sind sie enttäuscht. Vielleicht ist die Enttäuschung jetzt, nach Macrons «rétropédalage», noch grösser. So nennen es die Franzosen, mit einer metaphorischen Anlehnung an den Radsport. Er strampelt zurück.

Newsletter

Bettmimpfeli

Erhalten Sie eine ausgewählte Geschichte, die Sie nicht verpassen dürfen.