Deepfake in DänemarkChristliche Feiertage gibt es nicht mehr
Ein gefälschtes Politikvideo mit Premierministerin Mette Frederiksen entfacht eine Debatte über Satire in Zeiten unbegrenzter Möglichkeiten, Videos zu fälschen.
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Am vergangenen Freitag verkündete die dänische Premierministerin Mette Frederiksen an einer Pressekonferenz, man werde Ostern, Pfingsten, Weihnachten und überhaupt alle noch bestehenden Feiertage abschaffen. Schliesslich seien die Dänen viel zu faul. Das müsse sich dringend ändern. Es werde in Zukunft nur noch einen Feiertag geben: Eid al-Fitr, das muslimische Fest des Fastenbrechens.
In Wahrheit hat Frederiksen all das nie gesagt. Das Ganze war ein Deepfake, ein zwar täuschend echt wirkendes, aber gefälschtes Video, produziert von der rechtspopulistischen Dansk Folkeparti und in Umlauf gebracht von deren Vorsitzendem Morten Messerschmidt.
Deutliche Hinweise auf Fälschung
In dem Video wird gleich zweifach darauf hingewiesen, dass Frederiksen diese Rede nie so gehalten hat: Zum einen erscheint während ihrer vermeintlichen Ansprache rechts oben im Bild ein kleines Logo, ähnlich dem eines Fernsehsenders. Darin steht: «KI-generiert». Zum anderen sieht man nach ihrer Rede Messerschmidt, den Vorsitzenden der Rechtspopulisten, mit dem Kopf auf seiner Computertastatur liegen. Er schreckt hoch und sagt: «Das war nur ein Traum. Zurück an die Arbeit. Verdammt, wie ich diesen Feiertag vermisse.»
Trotz dieser Hinweise scheinen viele Menschen darauf hereingefallen zu sein. Was eine Debatte zu der Frage auslöste, wo in Zeiten von Deepfake und einem erodierenden Vertrauen in demokratische Strukturen die Grenzen von Satire zu ziehen sind. Jesper Tække, Medienwissenschaftler an der Universität Aarhus, kritisierte, solcherlei täuschend echt wirkenden Videos würden das Vertrauen in alle Politiker kategorisch untergraben, weil sie Zweifel daran säten, was und wem man überhaupt noch glauben könne.
Anlass des Videos war die Abschaffung des Store Bededag, der dem Schweizer Buss- und Bettag entspricht, aber nicht auf den dritten Sonntag im September fiel, sondern stets am vierten Freitag nach Ostern gefeiert wurde. Die Regierungsparteien hatten im Februar 2023 aus volkswirtschaftlichen Überlegungen dafür gestimmt, diesen «Grossen Gebetstag» als Feiertag einzukassieren. Vergangenen Freitag musste also gearbeitet werden. An dem Tag schaltete Messerschmidt auf X das Video frei. Messerschmidt verwahrte sich in einem Tweet gegen alle kritischen Vorwürfe mit dem Argument, wenn man nicht erkenne, dass das Ganze Satire und eine Fälschung sei, «dann habe nicht ich das Problem».
Messerschmidt selbst von Deepfake betroffen
Ironischerweise hatte Messerschmidt selbst vor ziemlich genau vier Jahren, am 20. April 2020, auf derselben Plattform, die damals noch Twitter hiess, vor Deepfakes gewarnt.
Es sei ein «grundlegendes demokratisches Problem, wenn die Empfänger da draussen nicht mehr wissen können, was wahr und was falsch ist», schrieb er damals, nachdem über ihn raffiniert gemachte Fake News in Umlauf gebracht worden waren, allerdings von anonymen Accounts aus. Messerschmidt erwog damals, Anzeige bei der Polizei zu erstatten.
Ebenfalls am Freitag hatte die rechtsliberale dänische Liberal Alliance ein Video auf Instagram veröffentlicht, das daherkommt wie eine Filmankündigung. Es erinnert in seiner starken Stilisierung und den schrillen Kostümen an die Werke von Wes Anderson und verspricht für den Sommer den Film «Tyveriet av store bededag» (Diebstahl des «Grossen Gebetstags») mit Mette Frederiksen in der Hauptrolle.
Debatte im Parlament angekündigt
Dieses Video habe weniger Kritik auf sich gezogen, weil durch die starke Verfremdung der Premierministerin von vornherein klar sei, dass das Ganze Fälschung und Satire sei, so Ask Hesby Holm, Direktor der Organisation Digitalt Ansvar, die sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien starkmacht. Hesby Holm betonte, es komme prinzipiell darauf an, dass man als Zuschauer klar zwischen Realität und Fiktion unterscheiden könne.
Lisbeth Bech-Nielsen, Digitalisierungssprecherin der oppositionellen Socialistisk Folkeparti, kündigte an, Messerschmidts Deepfake zum Anlass zu nehmen, im Folketing, dem dänischen Parlament, gemeinsame Leitlinien für die Verwendung solcher Videos im öffentlichen Diskurs zu erarbeiten.
Bettmimpfeli
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