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Bezirksgericht Zürich verschärft Strafe9 Jahre für den Sihlcity-Messerstecher

Leon K. hat mit einem Messer in der Nähe des Einkaufszentrums Sihlcity auf einen damals 18-Jährigen eingestochen. Dafür muss er 9 Jahre ins Gefängnis.

Am Ende liegen sich Leon K. (alle Namen geändert) und sein Vater, ein Zürcher Künstler, in den Armen, aufmerksam beobachtet von zwei Polizisten. Leons Zwillingsbruder Noah steht daneben, wirkt überfordert und verloren.

Mag sein, dass sich Vater und Sohn wünschen, sie hätten nie Berufung eingelegt gegen das erste Urteil vom Juli 2022. Damals hatte das Bezirksgericht Zürich Leon K. zu 5,5 Jahren verurteilt. Ein Entscheid, den das Obergericht wegen schwerer Verfahrensmängel aufhob.

Und nun also das neue Urteil, gefällt von einem anderen Richtergremium. Es ist deutlich schärfer ausgefallen: 9 Jahre soll Leon K. hinter Gittern bleiben, wegen versuchter vorsätzlicher Tötung, aber auch wegen Sachbeschädigung, öffentlicher Aufforderung zu Verbrechen, Betäubungsmitteldelikten. Dazu kommt eine Geldstrafe von 170 Tagessätzen zu 30 Franken.

Die Staatsanwältin hatte anfangs 8,5 Jahre gefordert, im erneuten Verfahren dann aber 12 Jahre. Der Verteidiger plädierte auf Freispruch.

Klar, dass Leon K. auf Provokation aus war

Seine schwerste Tat hat Leon K. im Juni 2020 begangen. An jenem Tag sticht er nach einem Handgemenge beim Sihlcity einen Kontrahenten mit fünf Stichen nieder. Die Tatwaffe, ein Rüstmesser mit gezackter, acht Zentimeter langer Klinge, hat er zuvor im Sihlcity gekauft.

Dass er das Messer explizit für die Tat erstanden hat, ist laut dem Vorsitzenden Richter nicht zu beweisen: «Wir gehen zugunsten des Beschuldigten davon aus, dass er dieses für seine WG kaufte – auch wenn uns das Vorgehen eigenartig erscheint.» Klar aber sei, dass Leon K. mit seinem «White Lifes Matter»-Shirt auf Provokation aus war.

Es kam dann auch tatsächlich zum Streit mit drei jungen FCZ-Fans, die sich am Shirt störten. Leon K. habe aber, anders als dessen Verteidiger geltend gemacht hatte, keineswegs in Notwehr gehandelt. «Die Auseinandersetzung war eigentlich vorbei», sagte der Richter, «die drei anderen wandten sich bereits ab.» Erst da habe der Beschuldigte zugestochen.

Tatmotiv: Gekränktes Ego

Hätte er sich wirklich bedroht gefühlt, hätte er mehrfach die Gelegenheit gehabt, zu verschwinden oder Passanten auf sich aufmerksam zu machen. «Das Sihlcity und dessen Umgebung waren belebt», sagte der Richter, «trotzdem hat der Beschuldigte eiskalt und gezielt auf sein Opfer eingestochen.» Das Motiv sei schlicht ein gekränktes Ego.

Dass das Opfer überlebte, sei «wirklich nur dem Zufall zu verdanken», fuhr der Richter in seiner mündlichen Urteilsbegründung fort. «Der Beschuldigte hat fraglos tödliche Verletzungen in Kauf genommen.»

Baum-Beschädigung «ausserordentlich mutwillig»

Auch Bruder Noah musste sich vor Bezirksgericht verantworten. Noah und Leon hatten nur wenige Wochen vor der Messerstecherei zwei Bäume mit Macheten beschädigt. Eine Jungbuche im Belvoirpark fällten sie ganz, in eine 200 Jahre alte Linde im Rieterpark hackten sie einen Keil – als Bierablage, wie sie sagten.

Beschädigte Linde im Rieterpark: Die beiden Brüder packten eine Machete in den Rucksack und hauten damit mitten in der Nacht auf den 200-jährigen Baum ein.

Für das Gericht ist das «ausserordentlich mutwillig», von jugendlichem Leichtsinn könne nicht die Rede sein. Noah erhält dafür wie im ersten Verfahren acht Monate bedingt plus eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30 Franken.

Die drei am Sihlcity-Vorfall beteiligten FCZ-Fans spricht das Gericht frei. Sie waren wegen Raufhandels angeklagt. Dafür braucht es allerdings mindestens drei Beteiligte. Für das Gericht ist aber nur belegt, dass Leon K. und sein Opfer tätlich aufeinander losgegangen sind.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann erneut am Obergericht angefochten werden.