Am Ende der Welt
Im Nordosten von Grönland jagen Inuits auf immer dünner werdendem Eis. Der Fotograf Markus Bühler-Rasom porträtiert sie in seinem Langzeitprojekt «Vanishing Thule».
Niels Minunge an der Eiskante. Frisches Treibeis wurde von Westen an die Eiskante getrieben, was die Jagd im Kajak verunmöglicht. © 2015, ProLitteris
Wieso sehen wir uns diese Bilder an? Was fasziniert uns, und wieso? Was finden wir in den Männern, die wir nie sind und nie kennen werden, ihr Leben nie auch nur annähernd verstehen. Was sind sie für uns? Helden? Eine Art Malboro-Men 1000 Kilometer nördlich des Polarkreises?
Grönländischen Huskys müssen ständig angeleint sein – sonst gehen sie aufeinander los. © 2015, ProLitteris
Der Fotograf Markus Bühler-Rasom, der in den letzten 20 Jahren diese und aberhundert ähnliche Bilder in Grönland gemacht hat, ist ein Talent. Er ist ein Talent der Bildkomposition, der episch-schönen Aura, der Farbe und des Naturlichts. Er ist ein Talent mit vielen Talenten, auch der Stimmung und Poesie. All das setzt er ein, um den Inuits, den Polar-Inuits ein Gesicht zu geben. Sie sind Sammler und Jäger, Berufsjäger, Robben-Jäger zum Beispiel, die mit Hundeschlitten auf einem heute teils gänzlich eisfrei gewordenen Meer arbeiten müssen; oder dann auf einer Eisschicht, die nur noch halb so dick ist wie vor zehn, fünfzehn Jahren. Ihre Lebensgrundlage ist durch die Klimaerwärmung brüchig geworden, tödlich. Das wissen wir durch Markus Bühler-Rasom und den Gesprächen, die er mit den Menschen führt.
Der Jäger Gedion Kristiansen prüft mit seinem Freund Niels Minunge die Dicke des Eises. © 2015, ProLitteris
Nach der Jagd werden im Licht des schwindenden Tages die gefangenen Robben zerteilt. © 2015, ProLitteris
Gedion Kristiansen und Niels Minunge warten an der Eiskante auf Narwale. Die lange Wartezeit vertreibt man sich mit Pfeifenrauchen. © 2015, ProLitteris
Im Mai fahren die Jäger zur Eiskante, wenige Stunden vom Dorf entfernt. Durch die Klimaerwärmung bricht das Eis jedes Jahr früher auf. © 2015, ProLitteris
Dank dem Talent des Fotografen verrichten die Robben-Jäger ihr Handwerk heute auf dieser Seite einer Tages-Zeitung, die den Inuits so fremd sein wird, wie uns ihr Leben fremd ist. Ein Leben im Nordwesten von Grönland, am Ende der Welt. Ein Leben in einer Welt, die so zu Ende geht.
Und was tun wir mit diesem Wissen, mit diesen furchtbar schönen, vielleicht zu schönen Stimmungsbildern? Hängen wir die Seite an die Wand? Beschliessen wir, eine Abenteuerreise dorthin zu unternehmen? Zu den Letzten? Die Bilder sind immerhin ein Beweis. Es gibt sie noch. Es wird sie einmal gegeben haben.
Im NONAM (Nordamerika Native Museum) an der Seefeldstrasse 317 in Zürich sind die Bilder bis am 28. Februar 2016 ausgestellt.
2 Kommentare zu «Am Ende der Welt»
Tief beeindruckende Bilder! Schade, dass der Hinweis fehlt, dass diese Fotografien noch bis 28.2..2016 im Nordamerika Native Museum in Zürich zu sehen sind.
Danke für den Hinweis, der Beitrag wurde um diese Information ergänzt!