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Den Bauern fehlen Saisonarbeiter – nun sollen Einheimische aushelfen

Im April fängt die Spargelzeit an. Sollte bis dann keine Lösung gefunden werden, würde dies die landwirtschaftlichen Betriebe hart. Foto: Steffen Schmidt/Keystone

Im Frühling fängt auf den Bauernbetrieben die Arbeit so richtig an. Normalerweise wird ein grosser Teil davon von Arbeitskräften aus dem Ausland erledigt. Sie kommen für ein paar Monate in die Schweiz, arbeiten zum Beispiel bei der Ernte mit und reisen wieder zurück in ihre Herkunfsländer. Doch in diesem Jahr ist alles anders.

So auf dem Hof von Thomas Wiesner in Bottmingen BL. Dort fehlen ab Anfang April drei Mitarbeiter. «Ein rumänischer Mitarbeiter hat abgesagt, weil er Angst hat vor dem Coronavirus, aus demselben Grund kommt auch jemand aus Polen nicht», sagt Wiesner. Auf seinem Betrieb mit 42 Hektaren Land werden hauptsächlich Beeren und Spargeln angebaut, und es wird Ackerbau betrieben. Zur Hochsaison arbeiten bis zu 15 Arbeiter aus anderen Ländern auf dem Bauernhof. «Drei fehlende Mitarbeiter treffen uns hart», sagt Wiesner.

«Wir haben eine soziale Verantwortung, so viele Nahrungsmittel zu produzieren wie nur möglich.»

Thomas Wiesner, Landwirt

Das Problem: Im April fängt die Spargelzeit an, die sehr mitarbeiterintensiv ist. «Ich finde auf die Schnelle nur schwer Ersatz», sagt Wiesner. Dabei: «Jetzt ist es noch wichtiger, dass die Inlandproduktion funktioniert.» Am besten wäre es, gar noch mehr produzieren zu können, um weniger Abhängigkeiten zum Ausland zu haben. «Wir haben eine soziale Verantwortung, so viele Nahrungsmittel zu produzieren wie nur möglich», sagt Wiesner.

Für Wiesner ist deshalb klar, in welche Richtung es gehen sollte: «Leute aus der Gastronomie könnten uns zum Beispiel unterstützen.» Oder auch andere, welche sich körperliche Arbeit gewohnt seien und wegen des Coronavirus nicht mehr arbeiten können.

Vermittlungsplattform als Lösung?

Der Schweizer Bauernverband ruft Landwirte derzeit dazu auf, dass sie eine offizielle Aufenthaltserlaubnis für ihre ausländischen Arbeitskräfte beantragen. Denn sonst können diese gar nicht in die Schweiz einreisen. Doch auch damit gibt es keine Garantie, dass genügend Arbeitskräfte zur Verfügung stehen werden.

Beim Verband ist man auf der Suche nach Lösungen. «Es hängt vieles davon ab, wie sich die Situation noch entwickelt. Rumänen und Polen beispielsweise dürfen aktuell nicht mehr ausreisen. Andere wollen nicht kommen in der derzeitigen Situation», sagt Sandra Helfenstein vom Bauernverband. «Wir stehen mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft im Kontakt, um eine Lösung über die regionalen Arbeitsvermittlungszentren zu finden. Gleichzeitig machen wir uns Überlegungen, eine Vermittlungsplattform zur Verfügung zu stellen.»

Die Idee dahinter: Jene, welche von Kurzarbeit betroffen und motiviert sind anzupacken, sollen in der Landwirtschaft eingesetzt werden können.Vor allem Betriebe mit Spezialkulturen wie Gemüse, Obst und Weinbau benötigen jeweils zahlreiche Arbeitskräfte. Andere hätten während der Saison eine oder zwei zusätzliche Mitarbeitende. Bei letzteren sei es einfacher, eine zweitweise Unterstützung aus dem Familien- und Bekanntenkreis zu finden.

«Wir sind offen für neue Leute, die mit anpacken können.»

Conni Bösiger von Bösiger Gemüsekulturen

Einer der grösseren Betriebe ist die Bösiger Gemüsekulturen AG in Niederbipp BE. Dort ist man auf 180 Mitarbeitende angewiesen zur Hochsaison. Die kamen in der Vergangenheit aus dem Ausland. «Dieses Jahr ist aber sehr schwer abzuschätzen, wie viele wirklich kommen werden», sagt Conni Bösiger, die auf dem Betrieb für das Personalwesen zuständig ist. «Wir sind deshalb auf der Suche nach Alternativen. Gestern zum Beispiel hatten wir eine Anfrage einer Frau, die sonst im Gastgewerbe tätig ist», sagt Bösiger. «Wir sind offen für neue Leute, die mitanpacken können», sagt sie.

Die Saison bei Bösiger ist bereits in vollem Gange. Nächste Woche seien die ersten Tomaten aus dem Gewächshaus reif. Gleichzeitig müssen die Grossverteiler mit Lagerware beliefert werden. Entsprechend braucht der Betrieb bereits jetzt Personal. «Es ist momentan wie an Weihnachten, einfach im März», sagt Bösiger in Bezug auf die Mengen, die die Detailhändler nachfragen. Die Lagerbestände für die Wintergemüse seien entsprechend tiefer als sonst im März.

Alternative Szenarien werden besprochen

Die richtige Bewährungsprobe für den Betrieb kommt erst noch: Im Mai, wenn die ersten Salaternten auf den Feldern anstehen. «Dann sind wir endgültig auf viele helfende Hände angewiesen», sagt Bösiger.

Derzeit stammen knapp 60 Prozent aller Nahrungsmittel aus heimischer Produktion. Dies zu steigern, sei zwar nicht möglich, aber man könnte auf andere Lebensmittel setzen, welche mehr Kalorien liefern würden, sagt Helfenstein. Also Kartoffeln statt Tabak anpflanzen. Ein solches Szenario habe man mit dem Bundesamt für Landwirtschaft in dieser Woche besprochen.

Es muss denn auch schnell gehen, weil die Kartoffeln schon bald gepflanzt werden müssen. Das Bundesamt sah aberdavon ab, die Grundversorgung sei mit normalem Betrieb sichergestellt.